Die Lust der Frauen (Freitag/18.9.2014)
Was haben gleichberechtigte Beziehungen mit unterdrückter Lust zu tun?
"Bei mir wird oft bemängelt, dass die Partner zu nett sind. Die meisten Frauen kommen mit den beta-isierten Männern im Bett nicht klar. Die wollen beim Sex nicht gefragt werden: Schatz, ist das okay für dich? Sie wollen gevögelt werden." (Beatrice Wagner, 50)
Narzissmus ist ein Kernpunkt der weiblichen Sexualität. Frauen wollen begehrt werden und zumindest in ihrer Fantasie spielt häufig auch die Lust an Unterwerfung eine Rolle. Es ist ihr heikelster und am besten geschützter, wenn nicht gar offensiv verleugneter Teil.
Für viele Frauen wird das irgendwann zum Problem. Statt ihr Verlangen in jenen aufgeklärten Beziehungen, in denen sie leben, zu thematisieren, suchen sie sich irgendwann Affären, die sie dann oft besser unter Kontrolle haben als Männer. Anders gesagt: Sie versuchen diese schizophrene Situation auszuhalten, die sie als ihr Leben oder eine Art weibliches Schicksal empfinden. Sie könnten ihrem Mann natürlich sagen: Schatz, nimm mich bitte etwas härter ran! Aber so einfach ist das natürlich nicht. Die Männer, die im Alltag gleichberechtigt sind, kommen aus ihren Rollen nicht raus. „Diese Verlogenheit der Frauen regt mich wirklich auf“, sagt die Therapeutin Beatrice Wagner. Wirft man diesen Satz in feministischen Kreisen in die Runde, funktioniert er allerdings wie Sprengstoff.
Und das hat einen guten Grund. Werden Frauen von Männern als Objekt betrachtet, sind sie in Gefahr. Einige Tage nach unserem ersten Gespräch bittet Beatrice Wagner darum, noch etwas klarzustellen. Am Vorwurf der Verlogenheit hält sie fest, aber sie fügt die folgende Geschichte an, die nur auf den ersten Blick weit hergeholt erscheint:
In vielen deutschen Gerichtssälen spielt sich immer noch dieses Szenario ab: Vergewaltigungsopfer sitzen im Beisein ihres Peinigers vor einem Richter. Der Täter versteht nicht, warum sein Opfer so einen Aufstand macht und ihn anzeigt, denn während der Tat war sie doch feucht. Und der Holzkopf von Richter sagt: Ja, wenn Sie feucht waren, dann hatten Sie doch auch Lust. Das retraumatisiert Frauen.
Im Laufe der Evolution hat sich gezeigt, dass es für Frauen in Panik sinnvoller ist, beim Anblick eines erigierten Penis feucht zu werden. Männer sind und waren Frauen körperlich überlegen. Frauen brauchten solche biologischen Strategien, um sich vor Verletzungen zu schützen.
Auszug aus: der freitag | Nr. 38 | 18. September 2014
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